Binokulares sehen
Binokulares Sehen: Die Welt durch zwei Augen betrachtet
Das binokulare Sehen ist eine der faszinierendsten Anpassungen des menschlichen Wahrnehmungsvermögens. Es beschreibt die Fähigkeit, mit zwei Augen gleichzeitig zu sehen, und ermöglicht eine räumliche Wahrnehmung unserer Umgebung. Diese Art des Sehens ist ein Zusammenspiel aus anatomischen Gegebenheiten und komplexen Verarbeitungsprozessen im Gehirn.
Was ist binokulares Sehen?
Binokulares Sehen entsteht, weil unsere Augen etwa 6 bis 7 Zentimeter voneinander entfernt positioniert sind, was jedem Auge eine leicht unterschiedliche Ansicht desselben Objektes ermöglicht. Diese beiden unterschiedlichen Bilder werden vom Gehirn zu einem einzigen räumlichen Eindruck verschmolzen – ein Prozess, den man als Stereopsis bezeichnet.
Anatomische Grundlagen
Die Grundlage für binokulares Sehen liegt in der Anordnung und Ausrichtung unserer Augen. Jedes Auge hat einen eigenen Sehbereich, aber beide Sehbereiche überlappen sich zu einem großen Teil. Diese Überlappung ist der Bereich des binokularen Sehfeldes, in dem räumliches Sehen möglich ist.
Die Lichtstrahlen, die von einem Punkt im Raum ausgehen, treffen durch die Linsen der Augen auf die Netzhaut, wo sie in elektrische Signale umgewandelt werden. Diese Signale werden über die Sehnerven zum visuellen Cortex im Gehirn geleitet, dem Bereich, der für die Verarbeitung visueller Informationen zuständig ist. Hier werden die Signale aus beiden Augen kombiniert und interpretiert.


Vorteile des binokularen Sehens
Das binokulare Sehen bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich:
- Räumliche Wahrnehmung: Wir können Entfernungen und die relative Position von Objekten zueinander besser einschätzen. Dadurch ist es uns möglich, Entfernungen zu beurteilen und dreidimensional zu sehen.
- Verfeinerte Motorik: Beim Greifen und Manipulieren von Gegenständen können wir unser Handeln genauer koordinieren, weil wir eine präzise Vorstellung des Raumes haben.
- Erkennung von Tiefe und Volumen: Es ist leichter, die Form und Struktur von Gegenständen zu erfassen und ihre Tiefe wahrzunehmen.
- Steigerung der Überlebenschancen: In der Evolution hat binokulares Sehen einen klaren Vorteil dargestellt, da es das frühzeitige Erkennen von Gefahren und Beutetieren verbessert.
Herausforderungen und Störungen des binokularen Sehens
Trotz aller Vorteile gibt es auch Herausforderungen im Zusammenhang mit binokularem Sehen. Störungen wie Schielen (Strabismus), Amblyopie (Schwachsichtigkeit) oder Augenmuskelstörungen beeinträchtigen die Fähigkeit, Bilder korrekt zu fusionieren, was zu Doppelbildern oder vermindertem räumlichem Sehen führen kann. Korrektive Maßnahmen sollten in erster Linie Visualtraining, die perfekt angepasste Brille beinhalten. Chirurgische Eingriffe können ggf. auch in Betracht gezogen werden, wenn Übungen und die richtige Brille alleine das Problem auf Dauer nicht beheben. Allerdings zeigt die Praxis, dass die allermeiten Binokularprobleme durch Training nachhaltig gelöst werden.
Schielen ist eine Störung, bei der die Augen nicht auf dasselbe Objekt gerichtet sind. Ein Auge kann beispielsweise geradeaus blicken, während das andere Auge nach innen, außen, oben oder unten abweicht. Die Folge ist eine Störung der räumlichen Wahrnehmung, da das Gehirn zwei unterschiedliche Bilder erhält, die es nicht zu einem einzigen räumlichen Bild verschmelzen kann. Wird das Schielen nicht behandelt, kann es zu einer Amblyopie führen, da das Gehirn lernen könnte, das Bild des abweichenden Auges zu unterdrücken.
Bei der Amblyopie wird das Sehvermögen eines Auges nicht vollständig entwickelt, meistens weil dieses Auge während der kritischen Phase der Sehentwicklung im Kindesalter nicht ausreichend genutzt wurde. Ursachen können ein unbehandeltes Schielen oder eine starke Ungleichheit der Refraktionswerte beider Augen sein (Anisometropie). Eine Amblyopie kann das räumliche Sehen erheblich beeinträchtigen, weil das betroffene Auge selbst bei korrekter Ausrichtung nur ein unscharfes Bild liefert. Im Visualtraining wird durch Amblyopietraining (monokulares Training im Gegensatz zur gängigen Okklusion/Abkleben) zunächst die Sehschärfe des schwächeren Auges gesteigert und im Anschluß durch Fusionsschulung ein binokulares Sehen erarbeitet.
Konvergenz ist die Fähigkeit der Augen, sich beim Betrachten eines nahen Objekts nach innen zu drehen. Bei einer Konvergenzschwäche sind die Augen nicht fähig, diese Bewegung in angemessener Weise auszuführen, was beim Lesen oder bei anderen Naharbeiten zu Problemen führt. Symptome können unter anderem Doppelbilder, Kopfschmerzen oder schnelle Ermüdung beim Lesen sein. Bei den allermeisten Schulkindern mit Konzentrationsmangel und Leseschwierigkeiten liegt eine Konvergenzschwäche vor, die durch Übungen sehr schnell und leicht behoben werden kann.
Auch ist die Konvergenzschwäche eine fast immer auftretende Folge nach Gehirnerschütterungen.
Doppelbilder oder Diplopie treten auf, wenn beide Augen Bilder auf unterschiedlichen Stellen der Netzhaut abgebildet und das Gehirn diese nicht zu einem einzigen Bild vereinheitlichen kann. Dies kann durch eine Fehlausrichtung der Augen (z. B. bei Strabismus), Linsentrübung, Hornhautveränderungen oder Probleme mit den Augenmuskeln verursacht werden. Winkelfehlsichtigkeiten oder Phorien, Abweichungen der Augachsen sind eine häufige Ursache, die durch Training gut behoben werden können.
Unterschiedliche Brechungswerte (Refraktion) oder Krümmungen der Hornhaut (z. B. Astigmatismus) in den Augen können dazu führen, dass die Bilder nicht exakt auf der Netzhaut fokussiert werden, was das binokulare Sehen stören kann. In der Regel lassen sich solche Probleme mit Brillen oder Kontaktlinsen ausgleichen.
Störungen in der binokularen Koordination können auch ohne offensichtliche anatomische Fehlstellungen der Augen auftreten, etwa durch eine Schwäche in der Kommunikation zwischen den Augen und dem Gehirn. Solche Schwierigkeiten können unter anderem durch visuelle Überlastung, Stress oder allgemeine Gesundheitsprobleme ausgelöst werden.
Behandlungsmöglichkeiten
Behandlungsmöglichkeiten bei einer Störung des binokularen Sehens variieren je nach Ursache und können Folgendes umfassen:
– Prismenbrillen, um die Ausrichtung der Augen zu korrigieren
– Augenmuskeltraining, um die Koordination und Flexibilität der Augenmuskeln zu dynamisieren– Teil unserer Behandlungsmöglichkeiten bei DynamicEye
– Augenokklusionstherapie (Abdecken des stärkeren Auges), um ein schwachsichtiges Auge zu trainieren – diese etwas veraltete Behandlungsform wird noch immer in den meisten Fällen bei Strabismus und/oder Amblyopie verschrieben. Weit angenehmer für das Kind (und damit auch für die Eltern) sowie deutlich effizienter ist das sogenannte monokulare Training unter binokularen Bedingungen. Lassen Sie sich gerne bei uns im Institut für Visual- und Kognitionstraining DynamicEye beraten und über diese erfolgsversprechende und effektive Herangehensweise informieren.
– Operative Eingriffe bei schwereren Fehlstellungen der Augen – Holen Sie sich auf jeden Fall eine Zweitmeinung ein und informieren Sie sich im Vorfeld über Alternativen wie Prismenbrillen und Visualtraining.
– Spezielle Sehhilfen oder visuelles Training bei DynamicEye
Frühzeitige Erkennung und Behandlung sind entscheidend für eine erfolgreiche Korrektur vieler binokularer Sehstörungen, insbesondere wenn Kinder betroffen sind. Eltern, Lehrer und medizinisches Personal sollten daher auf Anzeichen von Sehproblemen achten und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um langfristige Nachteile zu verhindern. Wenden Sie sich noch heute an uns und lassen Sie sich ausführlich beraten.